Jüdisches Leben in Schmalkalden
© Michael Bauroth
Mindestens seit dem 14. Jahrhundert waren Juden in Schmalkalden ansässig. Nach 1570 durften sie sich nicht mehr in der Stadt niederlassen, bis Landgraf Moritz von Hessen 1611 jüdischen Familien wieder eine Ansiedlung erlaubte. Rasch entwickelte sich eine Gemeinde, die 1622 in der Judengasse eine kleine Synagoge errichtete. Ein bedeutender Talmudforscher, Rabbi Meir Schiff aus Fulda, vollendete um 1635 sein Werk der Talmuderklärung in Schmalkalden. Bis zur Emanzipation 1848 stand bei den Schmalkalder Juden der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, Pferden, Vieh und Metallen als Broterwerb im Vordergrund. Danach erst war es den Juden erlaubt, auch Handwerksberufe zu ergreifen. Die jüdische Gemeinde Schmalkaldens umfasste in ihrer gesamten Bestehenszeit 22.000 Mitglieder. 1639 lebten 21 jüdische Familien in Schmalkalden, 1827 hatte die Stadt 81 jüdische Einwohner (von ca. 5.000 gesamt) und 1905 120. Sie besaßen neben Mikwe, Synagoge und Schule auch einen eigenen Friedhof. Flurbezeichnungen, wie Judentelle und Judenrain, sind neben der Straßenbezeichnung Judengasse ebenfalls Zeugnisse jüdischen Lebens. In der Judengasse dürften im 14. Jahrhundert erstmals Juden angesiedelt worden sein. Sie blieb auch später noch bevorzugtes Wohngebiet. Vom 17. Jahrhundert bis 1880 lebten die meisten Juden hier und in den weiterführenden Straßen, wie z. B. Hoffnung, Lutherplatz, Stiller Gasse. Aber auch am Altmarkt, auf der Salzbrücke und in der Auer Gasse hatten jüdische Einwohner ihre Häuser oder wohnten dort zur Miete. Drei Schmalkalder Juden sind wegen ihrer Wohltaten für ihre Heimatstadt besonders in Erinnerung. Abraham Mandel (gest. 1863) und Moses Plautberg (1773–1881) stifteten einen Teil ihres Vermögens den Armen. Die Familie Gumprich setzte sich Anfang des 20. Jahrhunderts auf vielfältige Weise zum Wohl der Stadt und ihrer Bewohner ein. Ab 1933 erfuhren auch die Schmalkalder Juden schlimmste Repressalien, weshalb einige von ihnen in größere Gemeinden abwanderten oder emigrierten. Nach der Deportation der letzten jüdischen Einwohner Schmalkaldens in die Vernichtungslager wurde die Gemeinde ausgelöscht. Erst nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 erhielten die noch lebenden jüdischen Bürger ihre Häuser und ihr Vermögen zurück, einige von ihnen besuchten ihre ehemalige Heimatstadt. Auch einige Nachkommen waren bereits Gäste von Schmalkalden.
Stadtrundgang
Die jüdische Geschichte in Schmalkalden wurde als Stadtrundgang konzipiert, die Sie als PDF im nachfolgenden Link herunterladen können. Auf dem Plan finden Sie die wichtigsten Stationen für einen Stadtrundgang verzeichnet. Eine Besichtigung der Mikwe und der ehemaligen jüdischen Schule ist nur im Rahmen einer Stadtführung möglich. Im Faltblatt der Tourist-Information wird die Synagoge, die Mikwe, die Jüdische Schule und Mikwe, der Alte Jüdische Friedhof, der Neue Jüdische Friedhof, das Bankhaus, der Altmarkt und der Bahnhof beschrieben.
Schmalkalder Mikwe
© Sascha Bühner
Im Jahr 2015 wurde während eines innerstädtischen Wohnungsbauprojekts im Quartier zwischen Altmarkt und Schloss eine Kellermikwe durch archäoligische Grabungen freigelegt. Die Mikwe befindet sich im hofseitigen Keller eines Hauses, das von ca. 1726 bis 1875 nachweislich im Besitz der jüdischen Familie Mandel war. Mitglieder der Familie waren seit 1726 in Schmalkalden ansässig, aber auch außerhalb Schmalkaldens tätig. Abraham Mandel zum Beispiel war Bankier der Rothschilds in Neapel und verstarb 1863 in Frankfurt a. M. Er hinterließ den Armen seiner Vaterstadt Schmalkalden, ohne Ansehen ihrer Konfession, ein Vermögen, das als „Mandelsche Stiftung“ in eine Wohlfahrtseinrichtung einging. 1864 lebte in dem Haus der Metzgermeister Meyer Mandel mit seiner Ehefrau Philippine. 1875 erwarb der lutherische Putzmacher und Kaufmann Hermann Müller mit seiner Ehefrau Thekla das Wohnhaus mit Waschhaus, Scheune und Stall von Michel Mandel. Seit 2021 sind die Räumlichkeiten zur Anknüpfung der Mikwe an die Stadtführungen fertiggestellt worden und kann in diesem Rahmen besichtigt werden. Mehr Informationen und Bilder finden Sie in der nachfolgenden PDF.