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Wiederbeginn und Neuaufbau nach 1945

Max Cars, erster Vorsitzender der Erfurter Synagogengemeinde nach 1945, 1948 © Jüdisches Landesgemeinde Thüringen

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges musste die jüdische Gemeinde in Erfurt neu beginnen. Sie organisierte materielle und finanzielle Unterstützung für ihre Mitglieder und baute wieder ein religiöses Leben auf. Vorsitzender wurde Max Cars, der mit seinen beiden Töchtern das KZ Theresienstadt überlebt hatte, und sich nun mit anderen ehemaligen KZ-Häftlingen und Widerstandskämpfern für einen gesellschaftlichen Neuanfang einsetzte.


Von der großen Erfurter Gemeinde vor 1933 war nur noch eine sehr kleine Gruppe von 42 Menschen übrig. Nur wenige hatten in Erfurt überlebt, die anderen kehrten aus Lagern oder der Emigration zurück. Dazu kamen jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa sowie Überlebende von Buchenwald und Mittelbau-Dora. Allerdings konnten sich viele von ihnen eine Zukunft in Deutschland nicht mehr vorstellen und wollten deshalb weiter in die USA oder nach Eretz Israel. Doch manche blieben. Ende 1946 hatte die Gemeinde rund 150 Mitglieder. Sie benötigte dringend eine neue Synagoge. Erst im März 1947 gab die Stadt Erfurt das Gelände zurück, auf dem bis zur Zerstörung 1938 die Synagoge gestanden hatte.


Widerstände gegen eine neue Synagoge
Das Ziel der Synagogengemeinde, mit einem neuen G´tteshaus wieder einen sichtbaren Ort jüdischer Identität in der Stadt zu schaffen, widersprach den Vorstellungen der SED-geführten Thüringer Landesregierung. Die ersten Entwürfe des von der jüdischen Gemeinde beauftragten Architekten Willy Nöckel trafen auf Ablehnung. Im Juni 1951 legte er eine stark veränderte Version mit deutlich geringeren Baukosten vor und warb mit den Worten um Zustimmung, dass "die Synagoge äußerlich keinen auffallenden religiösen Charakter zeigt." Dieser Entwurf wurde genehmigt.


Doch die Gemeinde konnte auch die reduzierten Baukosten nicht aufbringen. Die Thüringer Landesregierung und die Stadt Erfurt verweigerten die Finanzierung. Die Gemeinde gab nicht auf und wandte sich nun an den stellvertretenden Ministerpräsidenten der DDR. Otto Nuschke war für die Belange der christlichen Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften in der DDR zuständig. Er erklärte sich bereit, den Bau aus seinem Haushalt zu finanzieren.


Einweihung und neue Probleme
Am 31. August 1952 fand die feierliche Einweihung der Synagoge statt. Die Kino-Wochenschau der DDR berichtete: "In Erfurt ist der Wiederaufbau der von den Nazis zerstörten Synagoge vollendet worden. Die Mittel dafür hat unsere Regierung zur Verfügung gestellt. Während der feierlichen Weihe wurden die Gebetrollen gebracht und in die Bundeslade gelegt. Der ersten Andacht wohnten Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche sowie Mitglieder der deutschen Synagogen bei. Die Weiherede hielt Rabbiner Riesenburger aus Berlin."


Das neue G´tteshaus war der erste und einzige Synagogenneubau in der DDR. Dieser große Fortschritt in Erfurt stand in starkem Kontrast zu einer antisemitischen Verfolgungswelle in Osteuropa. Deren Höhepunkt war ein großer Schauprozess in Prag Ende 1952, in dem Kommunisten mit jüdischen Wurzeln mit erfundenen Anklagen zum Tode verurteilt wurden. Auch in der DDR sicherte die SED ihre Macht, indem sie unter anderem gegen Menschen vorging, die noch vor wenigen Jahren die Shoah überlebt hatten. Die jüdischen Gemeinden wurden pauschal als potenzielle Agentenzentren westlicher Geheimdienste angegriffen. In dieser Zeit flüchtete rund ein Drittel aller Gemeindemitglieder aus der DDR, darunter auch viele aus Thüringen. Die Gemeinden in Eisenach, Gera, Jena und Mühlhausen mussten geschlossen werden. Erfurt blieb als einzige Gemeinde übrig.


Jüdisches Leben in der DDR und heute
Mit dem Tod Stalins endete im März 1953 die Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens in der DDR. Die noch existierenden Gemeinden wurden finanziell unterstützt, allerdings wurde Wissen über jüdische Religion und Geschichte in Schulen und Hochschulen kaum vermittelt. Zum Problem wurde die antiisraelische Politik der SED, deren Unterstützung die jüdischen Gemeinden verweigerten. In Israel liegt der Ursprung des jüdischen Glaubens. Zudem ist Israel der einzige Staat, der Jüdinnen und Juden aus anderen Ländern die Einwanderung erlaubt, und damit Sicherheit vor einer möglichen Verfolgung bietet. 


1989 gehörten der Erfurter Synagogengemeinde nur noch 26 Mitglieder an. Erst nach dem Ende der DDR wuchs sie wieder durch die Einwanderung von Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Heute ist die Jüdische Landesgemeinde mit rund 700 Mitgliedern ein lebendiges Zentrum jüdischen Glaubens und jüdischer Kultur in Thüringen. Durch die Brüche und Verluste im 20. Jahrhundert ist viel historisches Wissen verloren gegangen. Die Virtuelle Rekonstruktion der Großen Synagoge ist ein Beitrag, um die Spuren in die Vergangenheit freizulegen und die jüdische Geschichte als wichtigen Teil der Erfurter Stadtgeschichte sichtbar zu machen.

Ausschnitt aus der DEFA Wochenschau "Der Augenzeuge" Nr.37/1952

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